Bonprix wird mutig, überschätzt aber die potenziellen Kunden

Bonprix möchte wegkommen vom Image als Marke, die nach eigenen Worten für „alte Muttis“ ist – ein Begriff, den man nicht unbedingt 1:1 in eine Suchmaschine eingeben sollte. Dafür wurde extra eine Agentur aus Amsterdam engagiert, dort, wo es bekannterweise keine alten Muttis gibt – anscheinend heißen sie dort „oude moeders“.

Die Modemacher mit französischem Namen aus hambourg besinnen sich „ganz stark auf unseren Markenanspruch, Mode für selbstbewusste vielseitige Frauen zu bieten, die mitten im Leben stehen und sich nicht verstellen wollen” – ein Strategiesatz, der zuerst schlau klingt, aber beim Nachdenken etwas hohl. Wie viele Frauen werden sich nicht damit identifizieren können? Diejenigen, die unsicher und einseitig sind und vortäuschen, jemand anders zu sein?

Die Erwartungen an die Kampagne sind ziemlich klar: demografisch sollte es keine großen Änderungen bei der Käuferschicht geben, aber das Bild der typischen Käuferin sollte modernisiert werden, um auch neue Kunden anzulocken. Ob das gelingt?

Bonprix hat dafür eine für die Branche relativ ironische Kampagne ausgewählt: die Vorurteile gegen die Marke werden als Headlines mit Bildern kombiniert, die ihnen direkt widersprechen sollen. Das ist mutig.

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Bedauerlicherweise wird aber die Kampagne wahrscheinlich genau das Gegenteil des Geplanten erreichen. Ironie ist in der Werbung in Deutschland immer schwierig – meistens sieht man, was man sieht, liest, was man liest und geht weiter, ohne nachzudenken. Aber ohne eine kleine Auseinandersetzung mit der Kampagne bleibt einfach hängen, dass bonprix für Modemuffel und alte Muttis ist. Und die abgebildeten Frauen, die „mitten im Leben“ stehen, sind zwar interessant gekleidet, aber kein Beweis für das Gegenteil.

Es gibt übrigens auch einen begleitenden 70-Sekunden-Webfilm für die Kampagne. Leider ist die Botschaft in den ersten 5-6 Sekunden – der Teil des Films, den die meisten sehen werden – „Bonprix ist nichts für mich“. Eine Botschaft, die wahrscheinlich die Reaktion der Zuschauer auf die ganze Kampagne zusammenfassen wird.