Die beliebte Masche in der TV-Werbung, wünschenswerte Einstellungen zu gesellschaftlichen Themen mit viel Pathos zu zelebrieren, um dann am Ende des Spots ein Produkt einzuführen, hält leider an.
Anstatt eine vernünftige Kommunikationsstrategie umzusetzen, wird anscheinend lieber auf die Hoffnung gesetzt, dass Konsumenten eine mehr oder weniger relevante Einstellung mit einem fast zufällig gewählten Produkt assoziieren. Aber niemanden läuft sofort los, um ein Produkt zu kaufen, nur weil die Marke allgemeine Werte rezitiert. Erst recht nicht ein Auto.
Trotzdem ist die Autoindustrie von diesem Irrglauben besonders betroffen, allen voran Opel, wie der Spot für den neuen Insignia demonstriert. Der Spot sieht gut aus, zeigt einen sympathischen Promi, nutzt beeindruckende Sprüche – und sagt so gut wie nichts über das schöne Auto aus.
Wenn ich einer der Insignia-Ingenieure wäre, der jahrelang an dem neuen Modell gearbeitet hat, würde ich die Welt nicht mehr verstehen. Warum erzählt mein Marketingteam nichts darüber, was wir geleistet haben?
Als Markenmann habe ich die gleiche Frage – und einige dazu. Zum Beispiel:
Warum sollen Menschen sich überhaupt für das neue Auto entscheiden? 45 Sekunden ist eine lange Zeit, um kein einziges Argument für den Wagen zu kommunizieren, außer dass es fährt. Warum denkt Opel, dass Standardsätze über Führungsstil und Macht, versetzt mit Bildern des fahrenden Autos, eher zu Kaufentscheidungen führen als relevante Fakten? Und warum schaltet Opel überhaupt so viel Werbung, in der so wenig über die Produkte selbst kommuniziert wird?
Bei dem aktuellen Spot gibt es zum Abwechseln auch zwei Claims und beide sind schwach:
„Führende Technik für Alle“ scheint ein ironischer Satz zu sein für ein Auto, das 26.000 Euro in der Basisversion kostet.
Und der neue Markenclaim „Die Zukunft gehört allen“ wirkt bei jeder Wiederholung hohler. Es ist eine Aussage ohne jeglichen Inhalt.
Man attestiert Opel einen „Mini-Turnaround“ und lobt oft das neue Marketingteam. Wenn man bedenkt, wie gut die Autos selbst mittlerweile sind, komme ich langsam zu der Überzeugung, dass das Marketing eher das „Mini“ als den „Turnaround“ zu verantworten hat.